Biochemie

Die biochemische Heilmethode nach Dr. med. Wilhelm Heinrich Schüßler (1821 – 1898) beruht auf der Tatsache, dass im lebenden Organismus eine Reihe von Mineralstoffen enthalten ist. Auch im menschlichen Körper findet man diese Mineralstoffe im Blut aber auch in allen Zellen und Organen jeweils in unterschiedlichen Mengen und Konzentrationen. Es besteht ein ausgewogenes, harmonisches Konzentrationsverhältnis zwischen den einzelnen Stoffen, nur so ist ein ordnungsgemäßer „physiologischer“ Ablauf aller Körperfunktionen gewährleistet, nur so kann Leben auf der Erde existieren und nur dann besteht Gesundheit. Eine Entmischung führt zu Krankheit.

Mineralstoffe sind chemische Verbindungen von Metallen und Erdalkalimetallen, die so in natürlicher Form auf der Erde als Salze vorkommen und damit mehr oder weniger gut in Wasser löslich sind. Jedes einzelne dieser Salze übt einen bestimmen Einfluss auf die Körperfunktionen aus.

Grundlagen der Biochemie

Der Begründer der „Biochemischen Heilweise“, Dr. med. Wilhelm Schüßler, war während seines Lebens an den ersten grundlegenden Entdeckungen der chemischen Forschung außerordentlich interessiert. Als Zeitgenosse des Arztes Professor Rudolf Virchow fesselte ihn vor allem dessen Zellenlehre. Es spricht für den bewundernswürdigen Scharfblick Dr. Schüßlers, in den chemischen Abläufen der Zellen den Schlüssel für das Verständnis vieler Krankheiten zu vermuten. Aus diesen Überlegungen heraus begründete er seine Mineralsalztherapie, die man noch heute die „Biochemische Heilweise Dr. Schüßlers“ oder kürzer die „Biochemie Dr. Schüßlers“ nennt.

Die Ideen Dr. Schüßlers breiteten sich im deutschen Volk schnell aus. Dr. Schüßlers Biochemie wurde zu einer Volksheilweise. Die großen Umwälzungen in wissenschaftlicher wie geschichtlicher Hinsicht haben ihr bis heute diese Stellung nicht genommen.

Zur Person: Dr. med. Wilhelm Schüßler

Wilhelm Heinrich Schüßler wurde am 21. August 1821 als Sohn eines Steuerbeamten in Bad Zwischenahn, einer kleine Stadt im Großherzogtum Oldenburg geboren. Sein Vater konnte dem begabten Sohn den Besuch höherer Schulen nicht ermöglichen. Schüßler erwarb sich daher in unermüdlichem Fleiß ausgezeichnete Kenntnisse in zahlreichen Fremdsprachen. Er mutet uns heute merkwürdig an, dass ein Mensch durch Selbststudium zur fließenden Beherrschung von Latein, Griechisch, Französisch, Englisch, Spanisch und Italienisch gelangen kann. Später widmete er sich zusätzlich noch dem Alt-Indischen (Sanskrit), wandte sich jedoch bald seinen naturwissenschaftlichen Interessen zu.

Die damalige Krise innerhalb der medizinischen Wissenschaft, besonders das Aufkommen der Homöopathie, fand im Oldenburgischen ihren besonderen Niederschlag. Schüßlers immer suchender Geist wandte sich der neuen Bewegung, die durch Dr. med. Samuel Hahnemann (1755-1843) gegründet worden war, zu, und er beschloss, homöopathischer Laienbehandler zu werden. Sein Bruder ermöglichte ihm daraufhin das medizinische Hochschulstudium (1853-1857). Er holte seine Reifeprüfung am heimatlichen Gymnasium nach, promovierte schon nach fünf Semestern in Gießen und legte 1857 sein Staatsexamen in Oldenburg ab. Zusätzliche Studienorte waren Paris, Berlin und Prag.

Zunächst ließ er sich 1857, wohl als einer der ersten rein homöopathischen Ärzte Norddeutschlands, in Oldenburg nieder. Fünfzehn Jahre lang war er einer der eifrigsten Vorkämpfer für das homöopathische Gedankengut gegen alle großen ärztlichen Gegner.

Und doch sollten diese erfolgreichen Jahre nur der Auftakt für die von ihm selbst begründete und nach ihm benannte Arzneibehandlung sein. Nach 1872 widmete er sich ausschließlich der Behandlung von Krankheiten mit feinverteilten anorganischen Salzen, „Biochemie“ genannt und verfeinerte dieses Verfahren, bei dem er zunächst 12 Mineralstoffe zu einem erfolgreichen und umfassenden Heilsystem verwandte.

Das Behandlungsverfahren gewann in der Region bald große Verbreitung auch als Laienbewegung und so wurde 1885 in Oldenburg der erste „Biochemische Verein“ gegründet. Im Jahr 2004 gab es allein in Deutschland etwa 70 Biochemische Vereine, weitere im Ausland. Auch heute werden die Schüßler-Salze von interessierten Menschen bei vielen Krankheitsbildern angewendet.

Manches mag an der theoretischen Begründung der Schüßlerschen Biochemie allzu sehr zeitbedingt und aufgrund besseren heutigen Wissens als überholt angesehen werden. Der Arzt Schüßler wäre der letzte gewesen, der das Unergründliche im Geheimnis des Lebens geleugnet hätte. Der Leidende wird stets dem Arzt recht geben, der ihm wirklich Hilfe bringt. Mag dieser auch in bescheidenem Herzen sich zugeben: Ich weiß, dass ich nichts weiß! Heute wie damals.

Die Funktionsmittel nach Dr. Schüßler

Wenn man von Salz spricht, denkt man im Allgemeinen an Kochsalz. Im Meerwasser, aus dem das Leben auf der Erde entstanden ist, befinden sich viele Mineralsalze in gelöster Form, die sich auch in Pflanzen, Tieren und im Mensch wiederfinden lassen. Sie müssen ständig mit der Nahrung wieder aufgenommen werden, so wie auch einige Aminosäuren, Fettsäuren, Vitamine und Mineralsalze, deshalb heißen sie auch „essentielle Nahrungsstoffe“. Beim Fehlen dieser Stoffe kommt es zu Mangelerscheinungen und -krankheiten.

Dr. Schüßler wählte anfänglich zwölf Mineralsalze aus, auf deren therapeutischer Verwendung er sein Heilsystem aufbaute. Diese natürlichen Mineralsalze werden zu therapeutischen Zwecken zunächst homöopathisch potenziert und dann nach den Indikationen der Biochemie angewandt. In der nachfolgenden Aufzählung wurde die noch heute gebräuchliche Reihenfolge und Nummerierung gewählt:

  1. Calciumfluorid
    Ca F2
    Calcium fluoratum (Calc. fluor.)
    Fluorcalcium
  2. Calciumphosphat
    CaHPO4 ⋅ 2 H2O
    Calcium phosphoricum (Calc. phos.)
    Phosphorsaurer Kalk
  3. Phosphorsaures Eisen
    FePO4 ⋅ 2 H2O
    Ferrum phosphoricum (Ferr. phos.)
  4. Chlorkalium
    KCl
    Kalium chloratum (Kal. chlor.)
  5. Kaliumphosphat
    KH2PO4
    Kalium phosphoricum (Kal. phos.)
    phosphorsaures Kalium
  6. Kaliumsulfat
    K2SO4
    Kalium sulfuricum (Kal. sulf.)
    Schwefelsaures Kalium
  7. Magnesiumhydrogenphosphat
    MgHPO4 ⋅ 12 H2O
    Magnesium phosphoricum (Magn. phos.)
    Phosphorsaures Magnesium
  8. Kochsalz
    NaCl
    Natrium muriaticum (Natr. mur.)
    Chlornatrium
    Natriumchlorid
  9. Dinatriumorthophosphat
    NaHPO4 ⋅ 12 H2O
    Natrium phosphoricum (Natr. phos.)
    Phosphorsaures Natrium
  10. Glaubersalz
    Na2SO4 ⋅ 10 H2O
    Natrium sulfuricum (Natr. sulf.)
    Schwefelsaures Natrium
  11. Kieselsäure
    H2SiO3
    Silicea (Sil.)
  12. Gips
    CaSO4 ⋅ 2 H2O
    Calcium sulfuricum (Calc. sulf)
    Schwefelsaures Kalzium
    Calciumsulfat

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Therapie- und Behandlungsspektrum

Prinzipiell sind fast alle akuten Krankheitszustände mit der Biochemie behandelbar und auch mehr oder weniger kurzfristig heilbar. Dennoch bedarf es viel Erfahrung eines Behandlers, sich mit diesem Heilsystem vertraut zu machen.

In manchen Landkreisen Norddeutschlands ist diese Heilweise in der Bevölkerung so stark verwurzelt, dass die Menschen Biochemie im familiären Umfeld erfahren, erleben und im täglichen Gebrauch von klein auf erlernen.

Der Unerfahrene sollte sich im Zweifel bei der Diagnose und Behandlung von Krankheiten immer in die Hände eines fachkundigen Arztes begeben. Aus diesem Grund wurden an dieser Stelle bewusst keine Verordnungsempfehlungen angegeben. Auch wenn in der Laienpresse oder in Büchern mit dem Tenor „Biochemie leicht gemacht“ der Eindruck erweckt wird, Biochemie sei je nach Beschwerdebild ganz einfach in Eigenregie anzuwenden, so muss davor gewarnt werden. Vor jedem Beginn einer Behandlung sollte eine eindeutig klare Diagnose gestellt werden, sonst läuft man Gefahr, Krankheitsbilder zu verschleiern oder nicht zu erkennen mit der Folge, dass kostbare Zeit verloren geht zum Nachteil des Patienten.